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............... taz Köln Nr. 7502 vom 1.11.2004, Seite 4, 96 Zeilen (Kommentar), Claudia Funke, Ausstellung

 

 



Collagen hinterfragen Erinnerungen
Mit dem Skalpell schneidet Susanne Pomrehn Motive aus Fotos heraus. Geknickt und miteinander kombiniert, ragen die Fragmente dreidimensional in den Raum: "Die Collage ist meine Grundlage", sagt die Künstlerin. Die Arbeiten beziehen sich immer konkret auf ihren Entstehungsort, dessen Geschichte Pomrehn zuvor untersucht. Sie möchte mit ihrer Kunst Erinnerung hinterfragen und den auf den Fotos fixierten Moment für neue Bedeutungen öffnen.
 
Zurzeit sind in Köln drei Ausstellungen der 1962 geborenen Berlinerin zu sehen. Im "Artstore" des Kunstvereins Köln rechtsrheinisch stellte sie das Work-in-Progress "Zentrale" fertig, an dem sie seit September arbeitete. "Piccolomini" nennt sie ihre Fotos, Zeichnungen und Kleidungsstücke umfassende Installation im Kunstraum Obst in Holweide. Und in der als Ausstellungsraum genutzten Wohnung von Jürgen Bahr in Ehrenfeld brachte sie dessen zerschnittene Familienfotos an den Wänden an. Diese Präsentation wird von zarten Aquarellen ergänzt und hat einen sehr intimen Charakter. Sie läuft jedoch Gefahr, im Mikrokosmos des Privaten zu verharren
 
Die "Zentrale" an der Deutz-Mülheimer-Straße thematisiert dagegen den öffentlichen Raum: Pomrehn knüpfte Fotos der umliegenden Wohn- und Gewerbegebiete in einen transparenten Vorhang aus Nylonfäden. Sie trat in Kontakt mit den ansässigen Anwohnern, Firmen und Geschäftsleuten und bezeichnet das Werk auch "als Schnittstelle zwischen Kunst und Stadtteilprojekt". Die Installation wirkt filigran, offen und wandelbar. So reflektiert sie die Umgebung, die sich ebenfalls in einem ständigen Prozess der Umgestaltung und Veränderlichkeit befindet.
 
Im Kunstraum Obst unterläuft Pomrehn durch die Verknüpfung von Familienhistorie, Ortsbezug und Geschichte die auf Fotos der 50er Jahre zur Schau gestellte scheinbare Sorglosigkeit der Nachkriegszeit. Auf Stoff gemalte Textfragmente verweisen auf seelische Zustände, Angst und Verletzlichkeit. Pomrehn schätzt die Künstlerinnen Leiko Ikemura und Louise Bourgeois für ihre Darstellungen subjektiven Befindens. Wichtig ist für Pomrehn gerade der fragile, zerstörbare, gebrochene Aspekt der eigenen Arbeiten: Ihre äußere Form korrespondiert mit ihren Inhalten.
" Claudia Funke
 
Projekt "Zentrale", Fotoinstallation als Work-in-Progress, bis 6. Nov. im Art Store, Kunstverein Köln rechtsrheinisch e.V., Deutz-Mülheimer-Str. 210-214 in Köln-Mülheim; Mi, Fr, Sa 17-20 Uhr vom 2. bis 5. Nov; am 6. Nov. "Finissage" zur Langen Nacht der Kölner Museen, 17-3 Uhr morgens
"Schlingungen", Foto-Objekte im Ausstellungsraum Jürgen Bahr, bis 28. Nov., Helmholtzstr. 6-8 in Ehrenfeld, Besuch nach Vereinbarung: Tel. 9545271
"Piccolomini", Kunstraum Obst, bis 6. Nov., Piccoloministr. 330 in Holweide, Sa. 15-17 Uhr u. nach Vereinbarung: Tel. 634896; weitere Infos zu allen drei Ausstellungen:

www.susannepomrehn.de